Digital Canvas

In diesem Beitrag setze ich mich mit dem Digital Canvas Model auseinander, ein Instrument zur Entwicklung Digitaler Geschäftsmodelle.  Zum besseren Verständnis ist es aber notwendig zunächst auf die Anfänge des Business Model Canvas einzugehen. Zur Entwicklung von Geschäftsmodellen haben Osterwalder und Pigneur 2010 ein visuelles Instrument entwickelt, das insbesondere Unternehmensgründer bei der Entwicklung ihrer Businesspläne unterstützen soll.

Digital Canvas zur Entwicklung Digitaler Geschäftsmodelle

Mithilfe einer auf einem Segeltuch (canvas) abgebildeten Struktur werden die einzelnen Elemente eines Geschäftsmodells im Business Model Canvas (BMC) systematisch erfasst und in ihren Beziehungen zueinander dargestellt. Dieses erste Modell nach Osterwalder und Pigneur beschrieb die wesentlichen Elemente als Kundensegmente, Wertangebot, Kanäle, Kundenbeziehungen, Einnahmequellen, Schlüsselressourcen, Schlüsselaktivitäten, Schlüsselpartner und Kostenstruktur und wurde wie folgt dargestellt:

BMC Nach Osterwald und Pigneur

Quelle:  Autor Ricarda Schlimbach – Verleger Springer Nature – Publikation HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik – Datum 15.05.2020

Die zentralen Fragestellungen zu den einzelnen Elementen des BMC finden Sie übersichtlich dargestellt in einer Publikation des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Das ursprüngliche BMC Modell bezieht sich auf die bis dahin klassisch bekannten Geschäftsmodelle ohne die Besonderheiten Digitaler Geschäftsmodelle zu berücksichtigen, die erst in den Zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts deutlich an Bedeutung hinzugewonnen haben.

Folgende Schwachstellen des alten BMC Modells wurden durch Experteninterviews in einer Studie der TU Braunschweig in Bezug auf die neuen, digitalen Geschäftsmodelle ermittelt. Ich fasse Sie hier in meinen eigenen Worten zusammen. Es fehlen demnach beim BMC Modell nach Osterwalder und Pigneur

  • die Bezüge zu den sich zunehmend digital entwickelnden Märkten
  • die gemeinsame Wertschöpfung zwischen Anbietern und Nutzern
  • die Verschiebung zur dienstleistungsorientierten Wirtschaft
  • die steigende Kundenzentrierung, die von den Kunden erwartet wird
  • die Nutzung von Daten für neue Geschäftschancen
  • die Wettbewerbsvorteile durch schnelle Anpassung an veränderte Kundenbedürfnisse.

Die von der TU Braunschweig auf Basis der Research Studie entwickelte Konzeption des Digital Canvas sieht dann wie folgt aus:

Abb. 3

Den zugehörigen Fragenkatalog zu den einzelnen Elementen des Digital Canvas (DC) entnehme ich ebenfalls der Studie der TU Braunschweig. Er passt sich entsprechend den Zusatzkriterien wie folgt an:

  1. Rahmenbedingungen:
    • Welche Technologien und Trends dominieren den Markt? Wie könnten diese in das Geschäftsmodell integriert werden? Welche Technologien sind nützlich/hinderlich und welche Trends beflügeln/behindern das eigene Geschäftsmodell?
    • Welche Marktstruktur dominiert (Größe, Wettbewerber, Marktform)? Gibt es ein vorherrschendes Muster der Wertschöpfung (z.  Digitalplattform, Sharing Economy, etc.)?
    • Welche gesellschaftlichen Trends und Rahmenbedingungen herrschen vor?
    • Welche Regularien sind für das Geschäftsmodell relevant und welche Auswirkungen haben diese?
  2. Kunde:
    • Wer wird das Leistungsangebot nutzen und wer soll dafür bezahlen? Charakterisieren Sie Ihren Kunden näher (Alter, Lebenssituation, Kaufkraft, Gewohnheiten, Erreichbarkeit, etc.).
  3. Problem/Bedürfnis und Mehrwert
    • Mit welchem echten Problem ist der Kunde konfrontiert? Welche offensichtlichen oder latenten Bedürfnisse hat er?
    • Welchen Mehrwert bietet das Geschäftsmodell, um auf diese identifizierten Probleme und Bedürfnisse zu reagieren? Welche Alternativen hat der Kunde? In welchem Verhältnis steht sein Leidensdruck zum Angebot?
  4. Ressourcen
    • Welche operanten, also physischen/materiellen Ressourcen sind für das Geschäftsmodell von Bedeutung?
    • Welche operanten, also immateriellen/fähigkeitsbasierten Ressourcen und Schlüsselaktivitäten sind für das Geschäftsmodell von Bedeutung?
    • Welche Ressourcen müssen Sie einerseits selbst einbringen und welche Ressourcen könnten durch Drittanbieter oder die Kunden selbst integriert werden?
  5. Daten und Werte
    • Welche Rolle spielen Daten und nicht-monetäre Werte (z.  Reputation, Vertrauen) für Ihr Geschäftsmodell? Welche Möglichkeiten gibt es diese sinnvoll zu nutzen, aber gleichzeitig zu schützen? Welche neuen Geschäftspotentiale ergeben sich?
  6. Hybrides Produkt
    • Verfügen Sie über ein Hybrides Produkt? Wie können sich die physische und die digitale Komponente ergänzen?
  7. Organisationsstruktur
    • Wie ist die Organisationsstruktur aufgebaut? Welche Maßnahmen helfen Ihnen dabei flexibel umstrukturieren zu können? Welches Verständnis von Zusammenarbeit, Führung und strategischer Ausrichtung verfolgen Sie?
  8. Ertragsmechanik im Service-Ökosystem
    • Welche Werte und Services tauschen die Akteure aus und wie kann dadurch langfristig Geld verdient werden? Welche Einnahmequellen und Kosten gibt es? Welche Zahlungsmöglichkeiten gibt es für die Kunden? Ab wann ist das Geschäftsmodell rentabel?
  9. Anpassungsfähigkeit
    • Welche Bausteine können ohne großen Zeit- und Ressourcenaufwand flexibel angepasst werden? Wie könnten Geschäftsmodellmuster (Wettbewerber, andere Branche, etc.) übertragen oder kombiniert werden? Welche Möglichkeiten der Spezialisierung sehen Sie? Erscheint es sinnvoll einzelne Bausteine des Geschäftsmodells zu diversifizieren?

(Quelle:  Autor Ricarda Schlimbach – Verleger Springer Nature – Publikation HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik – Datum 15.05.2020)

Im Vergleich zum klassischen Canvas Business Model fällt auf, das beim Digital Canvas Model exogene Einflußfaktoren erstmalig Einzug in die Überlegungen zur Gestaltung eines Geschäftsmodells gefunden haben. Das klassische BMC vermittelt den Eindruck, dass eigentlich alle Elemente in einem Geschäftsmodell durch das Unternehmen selbst gestaltet oder zumindest wesentlich beeinflußt werden können. Die Digital Canvas Konzeption sieht das Unternehmen in einem Umfeld agieren, dessen Entwicklungen durch für den Markt relevante Stakeholder gestaltet werden:

  • Marktführer entwickeln die vorherrschende Technologie
  • Marktführer entwickeln das zugehörige Wertschöpfungsmodell
  • Kunden bestimmen ihre Customer Journey, und damit wie und wo sie konsumieren möchten
  • Kunden bestimmen auch darüber, welche ihrer Daten von wem wofür genutzt werden dürfen

Infolgedessen haben die Unternehmen sich entsprechend dieser Betrachtung flexibel an eine sich stetig verändernde Lage anzupassen und ermitteln:

  • Die Kundenbedürfnisse (Profiling der lokalen/regionalen/globalen Kunden nach Alter, Lebenssituation, Kaufkraft, Gewohnheiten etc.)
  • Den Mehrwert ihres eigenen Angebotes für die einzelnen Kundengruppen und die Art der Kundenansprache
  • Den Umfang selbsterstellter und fremdbezogener Ressourcen (Dienstleistungen/Produkte)
  • Die Organisationsform, mit der sie flexibel auf die sich ändernden Anforderungen reagieren

Die Transformation von analogen in digitale Geschäftsmodelle erfordert einige neue Einstellungen des Digital Canvas Models im Hinblick auf die exogenen Faktoren. Insbesondere die Kundenerwartungen bezüglich eines schnellen, angenehmen und durchgängigen Einkaufserlebnisses von der Auswahl über die Bestellung, die Bezahlung, die Lieferung und den verfügbaren Service erfordern die Installation leistungsfähiger Prozesse. Die Zustimmung der Kunden zur Datenspeicherung hat entsprechend den Vorschriften der DSVGO zu erfolgen.

In den Einstellungen des Digital Canvas Models bildet sich folglich die Transformation der Märkte im letzten Jahrzehnt ab.

Sie wünschen sich Unterstützung beim Aufbau Ihres Digitalen Geschäftsmodells? Schreiben Sie mir eine Mail oder rufen mich an. Gerne helfe ich Ihnen weiter.

Weiterführende Beiträge zu Digitalen Geschäftsmodellen und deren Monetarisierung finden Sie in meinem BLOG Archiv.

Hamburg, den 4. Januar 2022

Ihr Mathias Engel

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2 Comments

  1. Christopher Seidel 19. Januar 2022 at 10:02 - Reply

    super Artikel, in diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen 🙂

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