
Neulich wurde ich Zeuge eines sehr merkwürdigen Angebotes zur Vermittlung eines Kaufinteressenten. Mein Mandant hatte mich bereits beauftragt für ihn die Verhandlungen zur Regelung des Verkaufs seiner Firma durchzuführen. Da meldete sich der Vertreter einer Nachfolgeberatung und wünschte den Geschäftsführer zu sprechen. Seine Firma könne hier wirkungsvoll bei der Nachfolgersuche behilflich sein.
Bangemachen gilt nicht!
Woher hat er Kenntnis, dass der Geschäftsführer sein Unternehmen veräußern will? Von uns nicht! Es stellte sich dann heraus, dass man Listen über Gesellschafter-Geschäftsführer mit entsprechenden Altersangaben erwerben kann.
Ich habe dann einen gemeinsamen Termin organisiert, obwohl der Vertreter erkennbar gerne allein mit dem Geschäftsführer gesprochen hätte. Sein Angebot gebe ich stichpunktartig wieder:
- Seine Firma übernehme den gesamten Verkaufsprozess nur in Eigenregie ohne weitere Beteiligung Dritter.
Hoppla, was soll denn diese Knebelung? Hier kann etwas nicht mit rechten Dingen zugehen.
- Sie würden die Unterlagen für eine eingehende Prüfung aufbereiten und Wertgutachten von dritter, berufener Seite einholen. Dann würde man die Verkaufsofferte im eigenen Investoren-Netzwerk veröffentlichen. Die Gebote der interessierten Investoren würden geprüft und dem Verkäufer würde dann eine Auswahl zur Freigabe zur Verfügung gestellt.
Die Schritte sind nachvollziehbar, aber weshalb darf Ihnen dabei niemand in die Karten schauen?
- Für diese Arbeiten würden folgende Gebühren fällig:
- Aufwand für die Pflege des Angebotes
- Externe Gutachterkosten
- Erfolgsbeteiligung im oberen einstelligen Prozentbereich des gewünschten Kaufpreises
Daraus errechnet sich ein Gesamtpreis, der dann ab Vertragsabschluss in zwölf gleichen Raten monatlich zu begleichen ist.
Sehr interessant: eine Erfolgsbeteiligung, die in regelmäßigen Monatsraten vor Eintritt des Erfolges verlangt wird!!
- Dass diese Kosten selbstverständlich vom Verkäufer zu tragen sind, ergäbe sich schon aus der Tatsache, dass es sich um einen Käufermarkt handeln würde, bedingt durch die große Zahl an Unternehmensverkäufen zurzeit.
Wahrscheinlich darf der Verkäufer auch noch froh sein, dass man sich seiner überhaupt annimmt.
- Falls sich im Laufe der Zeit herausstellen sollte, dass die Vorstellung des Verkäufers über den Verkaufspreis sich am Markt nicht durchsetzen lässt, würde man dies dem Käufer anzeigen und ihn aus dem abgeschlossenen Verkaufsauftrag entlassen, ohne dass weitere Kosten anfallen.
Wie großzügig!! Hat man doch bereits einige Monate Beträge kassiert, die der Verkäufer nie mehr wiedersehen wird, ebenso wenig wie den erhofften Verkaufserfolg. Vor allem: Wer legt wann fest, dass der Verkaufspreis am Markt nicht zu erzielen ist?? Hier ist doch der Manipulation Tür und Tor geöffnet!
Auf diese Ungereimtheiten hingewiesen, hatte es der Vertreter dann plötzlich sehr eilig das Gespräch abzubrechen und packte seine bereits mitgebrachten Vertragsformulare wieder ein.
Nun, redlich geht anders!
Meine Tipps zur Nachfolgeberatung:
- Lassen Sie sich als Verkäufer eines Unternehmens bei solchen Nachfolge- bzw. Verkaufsverhandlungen nicht an die Wand drängen.
- Unterschreiben Sie niemals Knebelverträge, bei denen Ihnen die Herrschaft über das Verkaufsverfahren abgenommen werden soll.
- Akzeptieren Sie keine Erfolgsbeteiligungszahlungen, die bereits vor Eintritt des gewünschten Erfolges entrichtet werden sollen. Das ist widersinnig!
Hamburg, den 11. Januar 2023
Hier eine weitere Überraschung:
Ihr Mathias Engel